Ein 82-jähriger Grieche singt einen französischen Kinderreim mit Tatiana

In Gythio verbringen wir den Vormittag im Zelt und warten auf das Ende des Regens. Dann geht’s ab in ein Hotel zum „Aufwärm“-Duschen. Der nächste Tag ist voll von unerwarteten Wendungen:

Wir gehen zuerst zum Fahrradmechaniker, denn zum nächsten ist es zu weit und unsere Fahrräder brauchen Pflege. Er ist nicht der schnellste und erst drei Stunden später kommen wir los! Dafür mit einer neuen Kette für jedes unserer Fahrräder, plus einer gründlichen Reinigung, einem Brems- oder Kabelwechsel hier und da.

Unser Trio beginnt also spät (13 Uhr) zu radeln, obwohl wir noch 60 km bis zur Abendunterkunft zu fahren haben. Wir werden nicht trödeln dürfen. Aber die Aussicht auf eine warme Unterkunft und eine Waschmaschine motiviert uns. Die Straße ist ruhig und angenehm. Wir fahren bis in die Nacht hinein, im Licht unserer Dynamos und der Sterne, Blick auf die Bucht und beleuchteten Kuttern im Meer. Magisch.

Um 19:30 Uhr klopfen wir bei der vermeintliche Unterkunft. Es dauert lange, bis die Tür geöffnet wird. Dann folgt die Überraschung auf beiden Seiten der Türschwelle. Es wird klar, dass bei der Buchung ein falsches Datum angegeben wurde. Die Unterkunft ist belegt!… Nun sind wir also müde, schmutzig, ohne Unterkunft für die Nacht, Kälte und Hunger kommen auf. In diesem Ort gab es keine andere Übernachtungsmöglichkeit.

Wir flitzen zur einzigen Café-Bar, in der sich, wie so oft, nur ältere Männer aufhalten. Drinnen wird geraucht, während die Nachrichten laufen: Demonstrationen von Landwirt:inn:en in Griechenland, Frankreich, Deutschland und anderswo. Wir wärmen uns bei einem Getränk auf und werden ermutigt, uns an den Tisch eines Herrn zu setzen: „Er kann Englisch sprechen.“
In einem Gespräch, das Englisch und Griechisch vermischt, bietet er uns schließlich an, mit in sein Haus zu kommen. – Das Haus ist etwas vernachlässigt, aber wir haben es warm und vor allem bekommen wir die Erzählungen unseres Gastgebers zu hören. Der 82-jährige Hary erzählt uns, dass er 15 Jahre lang in Australien gelebt hat, etwa in den 1960er Jahren. Er arbeitete dort in einer Schokoladenfabrik. Die Überfahrt mit dem Schiff hatte 25 Tage gedauert. Er kehrte schließlich in sein griechisches Dorf zurück und wurde dort Bäcker und Bürgermeister. Er zeigt uns Fotos von seiner Familie und seiner verstorbenen Frau. Er sagt, er sei froh, heute Abend Gesellschaft zu haben, und trinkt noch einen letzten griechischen Kaffee, bevor er ins Bett geht.

Am Morgen vertilgen wir unser großes Radlerfrühstück, während Hary sich von einer Zigarette ernährt: „Ihr raucht nicht? Rauchen ist toll. Ich rauche seit 65 Jahren!“…
Als wir uns trennen, erinnert ihn sein Gedächtnis an ein Lied, das er in seiner Kindheit gelernt hat, und…Tatiana stimmt in den Refrain ein: „Es war ein kleines Schiff…“.

Wir alle vier haben vor Rührung feuchte Augen …

Der „Fehler“ vom Vortag hat uns diese schöne Begegnung ermöglicht.

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