Sozial-politisches Athen

Griechenland hat über 10 Millionen Einwohner:innen, von denen fast die Hälfte in der Region Athen lebt. Nach dem naturbelassenen Peloponnes ändert sich nun unsere Umgebung. Wir bleiben eine knappe Woche in dieser geschichtsträchtigen Hauptstadt, wo wir von Kostas empfangen werden, einem offenen und dynamischen Mitdreißiger, der zuletzt nach fünf Jahren in den Niederlanden nach Griechenland zurückgekehrt ist.

Einige Dinge, die wir von diesem Aufenthalt mitnehmen:

natürlich die Geschichte! Athen, die Wiege der heutigen Demokratien. Wir schreiben hier keinen historischen Aufriss (der ist überall in Büchern und im Internet zu finden), aber natürlich waren wir auf der Akropolis und im Archäologischen Museum. Die Nationalgalerie hat uns auch gefallen.

die Stadtteile, jeder hat seine eigene Atmosphäre: das charmante Anafiotika, das touristische Monastiraki, das institutionelle Syntagma, das anarchistische Exarchia, das immer mehr gentrifiziert wird, usw.

2 Konzerte, eines mit „experimenteller“ und eines mit traditioneller Musik.

die Zeit, die wir mit Kostas, Nadja und Bekannten verbrachten. Als wir eines Abends mit Leuten aus vielen verschiedenen Ländern in eine Bar gingen, fühlten wir uns wie auf einer Erasmus+10-Jahre-Party.

die Gespräche mit Athina, die Julian über sein berufliches Netzwerk kennt. Athina erzählt uns von ihrem Engagement für eine solidarische und nachhaltige Gesellschaft. Das ist spannend und frustrierend, da die wirtschaftliche und klimabedingte Situation die Dinge kompliziert macht.
Es ist in der Tat schwierig, sich ehrenamtlich in einem Verein zu engagieren, wenn die Hauptsorge darin besteht, die Miete zu bezahlen. Wir erinnern daran, dass der Mindestlohn bei ähnlichen Lebensunterhaltungskosten wie in Frankreich bei etwa 700€ liegt. Und es ist schwierig, motiviert und aktiv zu bleiben, wenn die Brände den Gemeinschaftsgarten verwüsten, zu dem sie jahrelang beigetragen hat.
Brände: Hier hat jede:r persönliche Erfahrungen mit Bränden, sowohl Athina als auch Kostas berichteten uns von ihren Erfahrungen mit den Bränden im Jahr 2023. Es ist sehr erschreckend und traurig. Die Analyse unseres Gastgebers ist, dass nach einem schrecklichen Brand im Jahr 2018, bei dem 100 Menschen in einer Bucht gefangen waren, die Politik der Regierung nun vor allem auf Evakuierung ausgerichtet ist und die Präventionsarbeit vergisst. Ein Ende der Brände ist daher nicht abzusehen.

das Gesetz über die Ehe für alle: Es wurde verabschiedet, während wir in Athen waren. Ehe und Adoption sind nun für gleichgeschlechtliche Paare legalisiert. Das ist eine gute Nachricht! Uns wurde jedoch gesagt, dass dieses Gesetz von der rechtsgerichteten Regierung vorangetrieben wurde, um die Kritik der griechischen Jugend an anderen Thzmen wie z.B. Korruption zu besänftigen. Tatsächlich kamen im vergangenen Jahr bei einem schweren Zugunglück fast 60 Menschen, hauptsächlich Student:innen, ums Leben. Der Staat sparte seit Jahren zu hart an der Eisenbahnen.

eine (ehemals?) militante Stadt: Wenn mensch sich auf den Straßen bewegt und sich ein wenig umhört, werden Spuren einer Kultur des Kampfes für Gerechtigkeit und Solidarität ersichtlich. Mobilisierungen gegen die laufende Privatisierung der Universitäten, Plakate gegen den Krieg in Gaza, andere, die die Ausgaben des Staates für Rüstung mit der (fehlenden) Hilfe bei der Olivenölkrise vergleichen, Tags gegen den Tourismus, der die Bewohner:innen vertreibt… Über Politik und die wirtschaftliche „Krise“ (ist es noch eine Krise, wenn sie so lange dauert?) zu sprechen, ist leicht, die Griechen sind bei diesem Thema nicht schüchtern. Einige Ältere erzählten uns, dass die Leute heute weniger für ihre Rechte kämpfen.

Wir haben uns gefreut, als wir diese militanten Tags zu Geschehnissen in Toulouse und Frankreich gelesen haben: „Die Erde erhebt sich“, „Stopp A69“, „DepardieuSouvlaki“, „DarmaninTatziki“.
Wir denken an unsere Freund:innen, die aktuell weiter gegen dieses stupide Autobahnprojekt protestieren! ✊

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