It happened in den Apenninen

Nach Bologna ist Pisa das nächste Ziel. Das bedeutet, dass wir über die Apenninen fahren müssen, ein langes Massiv, das sich durch ganz Italien zieht und auch als „italienischer Rücken“ bezeichnet wird. Unsere Beine sind es mittlerweile gewohnt, Dutzende von Kilometern zu radeln, aber eher auf flachen Strecken. Das ist hier anders, jetzt müssen wir das erste Mal auf 900 m Höhe.

Wir haben Zeit und unseren eigenen Rhythmus. Einziger Rhythmusgeber ist die Sonne, die nun schon um 16:48 Uhr untergeht. So machen wir uns auf die Suche nach einem Ort zum Übernachten. Am ersten Abend weisen uns Einheimische auf einen Platz in der Nähe einer Kirche hin. Wir stellen das Zelt im Gewölbe eines Gebäudes auf, und das ist auch gut so, denn es ist zum ersten Mal, wegen der Höhe, abends kalt!

Am Abend erfahren wir, dass wir nicht weit von Marzabotto entfernt sind, wo während des Zweiten Weltkriegs das größte Massaker in Italien und Westeuropa stattgefunden hatte. SS-Truppen töteten willkürlich 770 Zivilisten, darunter Kinder (!). – Wir denken auch an Andreas, und Julian denkt besonders an die pädagogische Erinnerungsarbeit. Er kann nicht umhin, sich ein Projekt für eine Jugendbegegnung in diesem Gebiet vorzustellen.

Am nächsten Tag heizen wir den Schenkeln weiter ein. Wenn es bergauf geht, ist uns warm, aber sobald wir anhalten, muss wieder eine Schicht Kleidung angezogen werden, damit wir uns nicht erkälten.

Bei der Suche nach einem Schlafplatz ermahnt uns das graue, windige und kalte Wetter die Strategie zu wechseln: Zum ersten Mal klopfen wir bei Einwohner:innen an, in einem halb bewohnten Dorf. Die Betreiber des Restaurants wollen uns nicht unterbringen, die nächste Nachbarin ist nett, hat aber keinen Platz im sehr kleinen Häuschen, ihr Nachbar will auch nicht, doch wir sind froh darüber, denn der Tiergeruch, aus seinem Haus, ist abstoßend. Wir klopfen beim nächsten Haus, wo wir Licht sehen: Ein Paar öffnet uns, wir kommen angenehm ins Gespräch und sie laden uns schnell zu sich nach Hause ein. Juhuuu!!

Stefania und Alberto leben seit etwa 20 Jahren in diesem Dorf mit 14 Einwohner:innen. Sie ist eine pensionierte Lehrerin, er arbeitete in der Energieisolierung, hat aber gerade seinen Job verloren. Der Grund: Die Regierung von Giorgia Meloni hat beschlossen, die Zuschüsse für diese Maßnahmen zu streichen, obwohl sie aus ökologischer und sozialer Sicht unverzichtbar sind.

Selbst wenn wir bei unserer Ankunft ein wenig verlegen sind, wissen Stefania und Alberto, wie sie uns ein gutes Gefühl geben können, indem sie uns sagen, dass wir ihnen einen etwas anderen Abend bereiten. Zwischen ihrem Französisch und unserem Italienisch gelingt es uns recht gut, uns zu unterhalten: über das kleine Tal, in dem sie leben, und die Reisen, die sie unternommen haben (fünfmal das Oktoberfest in Deutschland für Alberto!), während wir das selbstgebraute Bier trinken und den Teller mit dem Gemüse aus dem Garten genießen.

Liebenswerte Menschen sowie eine Mahlzeit, eine Dusche und ein weiches Bett: In der Sprache der Radreisenden nennt mensch das „Jackpot“! Abgesehen von einem warmen Abend und einer warmen Nacht hat uns ihre Gastfreundschaft mit Freude und Dankbarkeit erfüllt.

So brechen wir mit guter Energie (und Äpfeln in den Satteltaschen) am nächsten Morgen zum letzten Teil des Aufstiegs auf. Wir brauchen 2 Stunden für 10 km, weil es sehr steil bergauf geht, wir die Fahrräder ein wenig schieben und Julian Pilze (Schirmlinge) sammelt. 🙂
Die kleine Straße ist sehr schön. Wir fahren an einem Fluss entlang inmitten eines herbstlich gefärbten Waldes.

Oben angekommen, lassen es die Wolken nicht zu, die Aussicht zu genießen. 😕 Wir fahren mit Vollgas auf der Sonnenseite runter und gewinnen direkt 10° C.
Wir schlagen unser Zelt in der Nähe von Sportplätzen auf und schlafen beim Geräusch von Tennisschlägen ein.
Wir sind zufrieden mit dieser Etappe durch die Apenninen, die sowohl wegen der zurückgelegten Höhenmeter als auch wegen des Kontakts mit den Einheimischen erfolgreich war!

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