Antalya, erste türkische Großstadt

Wir entwischen dem Regen mit kräftigen Pedaltritten und etwas Trampen und erreichen Antalya. Durch Radfahren und Trampen konnten wir Antalya (2,5 Millionen Einwohner:innen). Hier gibt es sogar einen Decathlon und Brotaufstriche mit Bio-Siegel (Dinge, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben). Es ist eine touristische Küstenstadt, deren Hauptattraktion die herrliche Aussicht auf das Meer und die Berge in der Ferne ist.

Wir sind bei einem Warmshowers-Host untergebracht. Diskret und vertrauensvoll gibt er uns die Schlüssel zu seiner kleinen Wohnung, bevor er sich wieder auf den Weg zur Arbeit macht. Im Gegensatz zu 80 % der türkischen Bevölkerung ist er kein Muslim. Das ist spannend. Wir führen ein besonders bewegendes Gespräch mit ihm: Er war freiwilliger Helfer nach dem Erdbeben in der Türkei (und Syrien) im Februar 2023, bei dem über 60.000 Menschen starben, ganz zu schweigen von den Verletzten und Vertriebenen. Er wurde nach Hatay, einem 700 km entfernten Epizentrum der Katastrophe, geschickt und blieb dort fünf Tage im totalen Chaos. Er berichtet: Alles war zerstört, die Straßen unpassierbar, die Infrastruktur nicht funktionsfähig, das Internet und die Telefonnetze ausgefallen… Das Schlimmste für ihn waren nicht einmal die toten Körper, sondern die weinenden und Hilfe-rufenden Menschen, denen er nicht helfen konnte. Er offenbart uns, stets Albträume davon zu haben. Leider gab es keine psychologische Betreuung nach diesem traumatisierenden Einsatz.
Wir sind überwältigt von seinem Mut und seiner Solidarität.

Er erklärt uns auch, dass Hatay und die Region besonders sind/waren: Sie ist bekannt als das Gebiet der drei Buchreligionen, in dem Juden, Christen und Muslime in Harmonie lebten. Eine Utopie, die zerstört wurde.

Und was soll man dazu sagen, dass Istanbul mit seinen 15 Millionen Einwohner:innen in einem Erdbebengebiet liegt, das mindestens in den nächsten 10-20 Jahren mit Sicherheit wieder erwachen wird? Für unseren Held ein Teil des wiederkehrenden Albtraums.

In Antalya treffen wir auch auf Birecik und Ibrahim. Sie haben ein Fahrradgeschäfts, in dem wir einen Zwischenstopp einlegen, und schließlich laden sie uns ein, mit ihren Verwandten Tee zu trinken und dann den ganzen Abend zusammen zu verbringen. Sie sprechen genauso viel Englisch wie wir Türkisch, sodass die Kommunikation über Gesten und Telefonübersetzungen läuft.

Am Montag, den 11. März, werden wir nachts von einem Trommelschlag auf der Straße geweckt: Es ist der erste Tag des Ramadan! Der Musiker weckt die Musliminnen und Muslime, damit sie vor dem ersten der fünf täglichen Gebete, noch vor Sonnenaufgang, etwas essen. Wir werden herausfinden, wie eine Reise zur Zeit des Ramadan in einem Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung abläuft.

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